Drogen: Geissel der Menschheit – Versinkt die Schweiz im Drogensumpf?

Die Drogenseuche breitet sich weltweit rasant aus – auch in der Schweiz ist das besiegt geglaubte Drogenelend zurück. Legalisieren und Bagatellisieren ist brandgefährlich: Die gesetzliche «Brandmauer» gegenüber allen Rauschgiften darf nicht fallen.

«BRISANT»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen auf «schweizerzeit.ch» am 15. Dezember 2023

 

Drogen sind die Geissel der Menschheit: Hier und jetzt, im Dezember 2023.

Neue Horror-Drogen

In weiten Teilen der USA ist die «Opioidkrise» ausser Kontrolle geraten – ganze Stadtteile sind im Würgegriff sogenannter «Zombiedrogen». Sie heissen so, weil die Drogenopfer in ihrem Rausch wie Zombies (Untote) durch die Strassen wandeln und vor sich hinvegetieren. Wer sich Reportagen über die Zustände in San Francisco oder Philadelphia anschaut, ist nur noch verstört und schockiert. Wie kann es ein zivilisierter westlicher Staat – der sich unter der Biden-Administration wieder als angestammter «Weltpolizist» aufspielt – nur so weit kommen lassen?

Das verheerende Leid wird angerichtet von Opioiden wie Fentanyl, das fünfzigmal so stark ist wie Heroin. Bereits zwei Milligramm können zum Tod führen. Fentanyl lässt sich überall in Laboren herstellen und muss nicht über komplexe Schmuggelrouten transportiert werden – das erhöht für Dealer die Margen und macht den Handel für Drogenkartelle attraktiver.

Fentanyl wird zur Linderung starker akuter und chronischer Schmerzen in der Medizin eingesetzt und macht extrem süchtig. Ein Rausch hält nur kurz an, so dass sich Süchtige mehrmals täglich einen Schuss setzen, die Droge rauchen oder schnupfen müssen. Weitere Opioid-Drogen sind Codein, Oxycodon, Tilidin und Tramadol. Als neue Horror-Droge breitet sich zudem Xylazin, genannt «Tranq», epidemisch aus. Xylazin ist sonst in der Tiermedizin gebräuchlich und ist verhältnismässig billig zu besorgen. Es wird oft anderen Drogen wie Fentanyl hinzugefügt, ohne dass die Konsumenten davon wissen. Solche Drogen-Cocktails mit «Tranq» wirken sehr heftig und richten die Menschen regelrecht zugrunde.

USA: Alle fünf Minuten ein Drogentoter

Laut Medienberichten ist die Opioidkrise in den USA unter den 18- bis 49-Jährigen gegenwärtig die führende Todesursache. Durchschnittlich stirbt in den Vereinigten Staaten alle fünf Minuten ein Mensch an einer Überdosis Drogen, das sind etwa dreihundert Personen am Tag. Der seit mehr als zwanzig Jahren stetig zunehmende Missbrauch von Opioiden ist eine der Hauptursachen. Aber auch andere Schmerzmittel (z.B. als Tabletten) werden in den USA im grossen Stil konsumiert, von den «alten Drogen» wie Kokain und Heroin ganz zu schweigen.

Beobachter sehen als einen der Hauptauslöser für die US-Opioidkrise im Medikament «OxyContin», das in den USA ab Mitte der 1990er-Jahre grosse Verbreitung fand. Der Hersteller Purdue Pharma behauptete, «OxyContin» mache nicht süchtig und bewarb das Schmerzmittel offensiv. Die Sucht hielt über dieses Medikament in der Folge auch in die Mittelschicht Einzug – das Elend nahm seinen Lauf. Später wurde Purdue Pharma zu einer hohen Strafzahlung verurteilt und meldete Insolvenz an.

Drogen-Epidemie

Dass die Opioid-Seuche auch in Europa voll zuschlägt, scheint (ohne eine massive Abwehrstrategie) nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Ein zentraler Faktor: Die Taliban-Machthaber in Afghanistan haben im Frühjahr 2022 bekannt gegeben, den Anbau von Schlafmohn sowie die Opium- und Heroinherstellung künftig verbieten zu wollen. Die Ernte des Jahres 2022 haben die Taliban noch genehmigt. Afghanistan ist de facto Monopolist für den Anbau von Schlafmohn. Laut UN-Angaben ist die Opium-Produktion dadurch weltweit um schätzungsweise 95 Prozent eingebrochen. Da rund achtzig Prozent des aus Schlafmohn gewonnenen Heroins in Europa aus Afghanistan stammen und sich ein akuter Engpass abzeichnet, ist damit zu rechnen, dass auch in unseren Breitengraden synthetische Ersatzdrogen wie Fentanyl oder die «Frankenstein-Droge» noch viel massiver um sich greifen werden. Die Epidemie ist bereits angelaufen.

Und was haben wir in der Schweiz zu erwarten? «Suchtexperten» spielen die Gefahren herunter. Weil bei uns breit verankerte Netze für Heroinersatzabgaben (Methadon) bestünden, sei anzunehmen, dass Süchtige vermehrt auf diese Angebote zurückgreifen. Seit die offene Drogenszene rund um den Zürcher Platzspitz in den 1990er-Jahren für Entsetzen sorgte, hat sich die Politik bekanntlich dazu entschieden, das Problem mit kontrollierter Drogenersatzabgabe und Prävention zu bewältigen. Der Platzspitz wurde geräumt und öffentlich sichtbares Drogenelend konnte mit dieser Strategie tatsächlich stark reduziert werden. Die Frage, ob solch «akzeptierende», nicht primär auf Entwöhnung setzende Drogenpolitik dem abstinenzorientierten Vorgehen vorzuziehen ist, wurde hierzulande in den 1990er- und 2000er-Jahren politisch kontrovers diskutiert – auch im Rahmen von Volksabstimmungen. Die kontrollierte Drogenabgabe setzte sich schliesslich durch und wird seither von vielen Fachleuten und den Mittelinks-Parteien als Erfolgsgeschichte verkauft.

Schweiz im Drogen-Brennpunkt

Das bedeutet allerdings nicht, dass sich die «Drogenfrage» in der Schweiz erledigt hätte. Nein, ganz im Gegenteil. Wer sich in Polizeikreisen und im Umfeld sozialer Einrichtungen erkundigt, weiss längst, dass der Drogenhandel in der Schweiz floriert – auch wenn die breite Öffentlichkeit davon oft nichts mitkriegt. Mitten unter uns, in Dörfern oder Kleinstädten, werden tagtäglich grosse Mengen an Kokain oder Opioiden umgesetzt. Trotz kontrollierter Methadon-Abgabe nimmt die Zahl der «Junkies» nicht ab – seit dem Sommer 2023 sind in etlichen Schweizer Städten wieder so etwas wie offene Drogenszenen festzustellen. In Genf zum Beispiel nimmt die Zahl der Crack-Konsumenten rasant zu – man rechnet mit einer Verdoppelung innert eines Jahres. Das Auffangnetz für Suchterkrankte sei überstrapaziert, Fixerstüblis können keine Betroffenen mehr aufnehmen.

Von einer Zuspitzung der Lage zeugt auch der Umstand, dass die Zahl der Drogentoten in der Schweiz wieder ansteigt. So hat das Monitoringsystem Sucht und NCD (MonAM) im Jahr 2022 160 Todesfälle mit Hauptdiagnose Drogenkonsum ausgewiesen (in den Jahren zuvor waren es wesentlich weniger). Im Angesicht dieser Misere mutet es geradezu fahrlässig an, dass sich in der Schweiz in den letzten Jahren die Stimmen gemehrt haben, die eine vollständige Freigabe aller Drogen fordern. 2021 wurden entsprechende Planspiele des Bundesamts für Gesundheit (BAG) bekannt. Auch Politiker (selbst solche von der SVP!) äussern vermehrt solche Forderungen. Einige der Begründungen: Das Konsumverhalten habe sich verändert. Mit einer Freigabe könne man den Schwarzmarkt eindämmen, bessere Qualitätsstandards erreichen und sogar Steuereinnahmen erzielen.

Cannabis-Verharmlosung

In der Diskussion um Cannabis, eine sog. «weiche Droge», die ich bislang noch gar nicht erwähnt habe, kennen wir diese Argumente schon lange. Obwohl die letzte Cannabislegalisierungs-Initiative 2008 sowohl vom Volk als auch von den Ständen mit 63 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt worden ist, hat die Politik in den vergangenen Jahren laufend neue Tatsachen geschaffen. Seit 2013 ist der Besitz von bis zu 10 Gramm Cannabis für den «Eigenbedarf» nicht mehr strafbar. Dabei wurde völlig ausser Acht gelassen, dass damit je nach Höhe des Tetrahydrocannabinol-Gehalts, also der Rausch erzeugenden Substanz im Cannabis, bis zu hundert Joints gedreht werden können.

In mehreren Schweizer Städten, so zum Beispiel in Basel, laufen seit 2023 Versuche, im Rahmen derer Cannabis in gewissen Apotheken an bestimmte Personen legal abgegeben wird. Dies, obwohl laut Gesetz der Anbau, Konsum und Handel von Cannabis nach wie vor illegal wäre. Getarnt wird dieses im Grunde gesetzeswidrige Vorgehen linker Städte als wissenschaftliches «Pilotprojekt».

Widerstand leisten

Obwohl Marihuana-Konsum besonders bei jungen Menschen erwiesenermassen erhebliche, bleibende – insbesondere psychische – Schäden anrichtet, wird das Kiffen in der Schweiz stark verharmlost, ja geradezu romantisiert. Haben Kiffer schon mit geltendem Recht wenig bis gar keine Konsequenzen zu befürchten, sind im Parlament starke Zeichen für einen erneuten Anlauf zugunsten vollständiger Legalisierung erkennbar. Eine entsprechende parlamentarische Initiative eines Mitte-Nationalrats ist in den Gesundheitskommissionen von National- und Ständerat bereits durchgekommen – es ist anzunehmen, dass die Bundesversammlung bis spätestens 2025 darüber befinden wird. Uns steht also mit grosser Wahrscheinlichkeit eine erneute Volksabstimmung über eine weitere Liberalisierung der Drogenpolitik bevor – dies notabene in Zeiten, in denen diese dämonischen Erzeugnisse so viel Leid verursachen wie nie zuvor.

Ich werde nie verstehen können, dass es bürgerliche Politiker (meist sog. «Libertäre») gibt, die für Cannabislegalisierung oder gar für vollständige Drogenfreigabe eintreten und meinen, damit liesse sich das Problem «in den Griff» kriegen. Die Haltung, staatliche Regulierung möglichst stark zu reduzieren, ist ja grundsätzlich sehr sympathisch. Echte bürgerlich-konservative Politik zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass ihr ein Wertegefüge zugrunde liegt, das zu schützen und nicht verhandelbar ist. Wir unterscheiden uns von Libertären und Liberallallas dadurch, dass wir die Grundlagen einer funktionierenden, wertebewussten Gesellschaft nicht dem «Laissez-faire»-Liberalismus opfern, der alles für alle öffnen und für die Gemeinschaft keine Verantwortung übernehmen will. Noch viel weniger Verständnis habe ich für die Stimmen im eigenen politischen Lager, die vor dem Zeitgeist kapitulieren und den Kampf gegen die Cannabis-Legalisierung nicht mehr zu führen bereit sind, weil wir damit potenzielle Neuwähler vergraulen könnten. Da bleibe ich lieber unbeliebt, altmodisch und stur, als dass ich zum «Drogen-Verharmloser» mutieren würde. Unter dem Schrott des Zeitgeistes das Gold der Ewigkeit schimmern zu sehen: Diese Grundhaltung ist selbst unzählbaren Bürgerlichen abhandengekommen.

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Anian Liebrand
Anian Liebrand
Geboren 1989 in Fribourg. Aufgewachsen in Beromünster LU. Nach Abschluss der kaufmännischen Berufsmatura diverse praxisnahe Weiterbildungen, u.a. im Marketing. Von 2014 bis 2016 Präsident der Jungen SVP Schweiz. Heute in verschiedenen Funktionen für unterschiedliche Parteien und Organisation tätig. 2020 Gründung der Politagentur.ch GmbH als deren Geschäftsführer.

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