Das Drogenelend ist aus der Wahrnehmung vieler Schweizer verschwunden. Das dürfte sich aber bald ändern! Denn schweizweit nimmt die Zahl der «Junkies » wieder zu – seit dem Sommer 2023 sind in etlichen Schweizer Städten wieder so etwas wie offene Drogenszenen festzustellen. Was steckt dahinter?
«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 23. Februar 2024
Die Welt wird gegenwärtig von einer beängstigenden Opioidkrise heimgesucht. Synthetisch hergestellte Opioide wie Fentanyl breiten sich auf den Strassen seuchenhaft aus. Fentanyl wirkt fünfzigmal so stark wirkt wie Heroin. Bereits zwei Milligramm können zum Tod führen. Horror-Drogen wie Fentanyl oder «Tranq» lassen sich überall in Laboren herstellen und müssen nicht über komplexe Schmuggelrouten transportiert werden. Zudem sind sie verhältnismässig billig zu besorgen. In den USA ist die Opioidkrise unter den 18- bis 49-Jährigen bereits die führende Todesursache. Durchschnittlich stirbt in den Vereinigten Staaten alle fünf Minuten ein Mensch an einer Überdosis Drogen, das sind etwa dreihundert Personen am Tag.
Dass die Opioid-Seuche auch in Europa voll zuschlägt, scheint (ohne massive Abwehrstrategie) nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Die Lage dürfte sich auch in der Schweiz, wo Auffangnetze für Suchtkranke und Fixerstüblis bereits heute an den Anschlag geraten, weiter zuspitzen. Uns wird zwar das Bild vermittelt, dass die Schweiz das Drogenelend seit der Räumung des Platzspitzes mit einer klugen Strategie («kontrollierte Drogenersatzabgaben») in den Griff bekommen hätte. Die Wahrheit aber ist: die Schweiz ist eine Drehscheibe des internationalen Rauschgifthandels. Mitten unter uns werden tagtäglich grosse Mengen an Kokain oder Opioiden umgesetzt.
Und was tut die Schweizer Politik? Es gibt tatsächlich sog. bürgerliche und libertäre Politiker, die dafür eintreten, alle Drogen komplett freizugeben. Bei der Einstiegsdroge Cannabis, die gerne als «weiche Droge» verharmlost wird, scheint es mittlerweile eine klare Mehrheit – quer durch die meisten Parteien hinweg – zu geben, welche eine Legalisierung befürwortet. So stammt der aktuelle Vorstoss, über den das Parlament bis spätestens im Herbst 2025 befinden will, vom Berner Mitte-Politiker Heinz Siegenthaler … Obwohl Marihuana-Konsum besonders bei jungen Menschen erwiesenermassen erhebliche, bleibende – insbesondere psychische – Schäden anrichtet, wird das Kiffen in der Schweiz stark verharmlost, ja geradezu romantisiert. Wie lange geht das noch gut?