Am 3. März stimmen wir über die von jungbürgerlichen Kreisen lancierte Renteninitiative ab. Diese bezweckt, das Rentenalter an die Lebenserwartung in der Schweiz zu koppeln. Das bedeutet konkret, das Rentenalter für Frauen und Männer von 2028 bis 2033 schrittweise auf 66 Jahre zu erhöhen. Danach soll das Rentenalter moderat weiter steigen, wenn die durchschnittliche Lebenserwartung zunimmt.
«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 9. Februar 2024
Ein solches Anliegen erscheint auf den ersten Blick natürlich nicht besonders populär. Wer will schon immer länger arbeiten müssen? Auch meine Haltung ist klar: Wenn es sich irgendwie vermeiden liesse, würde ich die Renteninitiative liebend gerne in Bausch und Bogen verwerfen. Aber irgendetwas müssen wir tun, wenn uns staatsbürgerliche Verantwortung nicht gänzlich fremd ist und die sogenannte «Generationen-Solidarität» nicht nur eine leere Worthülse bleiben soll.
Die AHV wurde 1948 als Sozialwerk gegründet, um «Alten und Hinterbliebenen» eine finanzielle Absicherung zu geben und ein möglichst würdevolles Leben ohne Armut zu garantieren. Damals standen einem Rentner rund 6,5 Erwerbstätige gegenüber. Dies bei einer Lebenserwartung von rund 12 (Männer) respektive 14 Jahren (Frauen) nach der Pensionierung mit 65 Jahren. Heute liegt die Lebenserwartung bei den Männern 20 und bei den Frauen bereits deutlich über 22 Jahren nach der Pensionierung. Zudem sind es heute nur rund drei Erwerbstätige, die durch ihre Abgaben die Finanzierung eines Rentners zu tragen haben. Dieses Missverhältnis wird sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren weiter zuspitzen, weil dann die «Babyboomer-Generation» in Rente geht und wegen zu tiefen Geburtenraten zu wenige Junge ins Erwerbsleben einsteigen. Es öffnet sich also eine gewaltige Finanzierungslücke, die wir irgendwie schliessen müssen, wenn wir die AHV nicht in einen Kollaps schlittern lassen wollen.
Und was tun die linken Parteien und Gewerkschaften? Um die Renteninitiative an der Urne zu versenken, reissen sie eine erneute Neid-Debatte vom Zaun. Die Initiative sei ungerecht, weil sie nur jene Erwerbstätige zu längerem Arbeiten verpflichte, die sich keine Frühpensionierung leisten könnten. Die «bösen Reichen» gingen weiter früher in die Pension, weil sie genügend Millionen auf der Seite hätten. Was die Gewerkschaften mit ihrem erneuten Versuch, einen Keil in die Bevölkerung zu treiben, tunlichst ausblenden: Diese «unverschämten Millionäre» haben in ihrem Leben auch sehr viel in den Sozialstaat einbezahlt! Die gleichen Gewerkschafter, die das erstrebenswerte Lebensziel, vermögend zu sein, öffentlich verschmähen, leben selber in Saus und Braus und sitzen auf milliardenschweren Vermögen!