Gewalt gegen Polizisten: «Polizisten werden gezielt verletzt»

Interview von Anian Liebrand mit Max Hofmann, Generalsekretär Verband Schweizerischer Polizei-Beamter (erschienen in der «Schweizerzeit» vom 20. November 2015)

«Basel, Bern, Neuenburg, nochmals Bern und Zürich. Das ist nicht das Reiseprogramm eines fröhlichen Ausflugs, sondern die Aufzählung jener Orte, an denen in den letzten Tagen Polizistinnen und Polizisten gezielt verletzt und massiv bedroht wurden.»

Mit diesen aufrüttelnden Zeilen beginnt ein jüngster Aufruf des Verbands Schweizerischer Polizei-Beamter (VSPB), der die nicht enden wollende Gewalt gegen Polizisten beklagt. «Jetzt muss endlich gehandelt werden», fordert deren Generalsekretär Max Hofmann. Die «Schweizerzeit» hat bei ihm nachgefragt.

«Schweizerzeit»: Herr Hofmann, was sind die häufigsten Formen von Gewalt, die Polizisten erleben müssen?

Max Hofmann: Wir haben mit allem zu tun: Von Anpöbeln bis zum Tötungsversuch. Wir erheben hier keine statistischen Zahlen zu den verschiedenen Arten von Gewalt.

Was sind Ihrer Ansicht nach die Gründe, weshalb sich die Gewaltbereitschaft so stark gegen Polizisten richtet?

Die Gewalt gegen Polizisten hat mit dem gesunkenen Respekt gegenüber jeglicher Autorität zu tun. Die Polizei ist nun mal eine der beliebten Zielscheiben in diesem Kontext. Sie gehört dem Staat, sie repräsentiert den Staat und sie ist eine durch ihre Uniformierung zudem sehr sichtbare Autorität.

Im November 2009 hatten Sie zuhanden der eidgenössischen Bundesversammlung die Petition «Stopp der Gewalt gegen die Polizei» eingereicht. Im Begleittext dazu führten Sie aus, dass «2009 täglich zirka 6,5 Polizistinnen und Polizisten bei ihrer Arbeit Opfer von Gewalt und Drohungen» geworden sind. Können Sie aktuelle Zahlen nennen? Hat sich die Problematik in den letzten Jahren weiter verschärft?

Ich kann hierbei auf die Kriminalstatistik «Gewalt und Drohung gegen Beamte» verweisen. Diese zeigt, dass wir in den letzten zwei Jahren leicht rückgängige Zahlen haben. Wir hoffen stark, dass es sich hier um einen Trend und nicht nur um ein Strohfeuer handelt. Leider müssen wir aber festhalten, dass sich die Qualität der Gewalt verändert hat. Man schlägt heute schonungsloser zu und will gezielter und gewollter Polizisten verletzen.

Das Parlament hat im Juni 2015 beschlossen, die Strafen bei Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten zu verschärfen. Sie kritisieren aber trotzdem, dass es im Parlament «kein mehrheitsfähiges Gehör» für Ihre Anliegen gäbe. Was macht das Parlament falsch und was sind Ihre konkreten Forderungen, um die Gewalt und Drohungen gegen Polizeibeamte wirksam zu bekämpfen?

Unsere Aussage kritisiert in erster Linie die Unfähigkeit, unsere Petition [«Stopp der Gewalt gegen die Polizei», Anm. d. Red.] aufzunehmen. Zu sagen ist auch noch, dass vier Kantone zuhanden der Bundesversammlung eigene kantonale Initiativen eingereicht haben, die unsere Petition unterstützten. Als dann in diesem Jahr der Ständerat unsere Petition definitiv versenkt hat – und dies einstimmig – haben nicht einmal die Vertreter dieser Kantone unsere Petition unterstützt. Dies ist eigenartig. Unsere konkrete und wichtige Forderung ist folgende: Wir wollen eine klare Mindeststrafe bei Art. 285 StGB (Gewalt und Drohung gegen Beamte) und zwar eine Freiheitsstrafe. So kann eine abschreckende und präventive Wirkung erzielt werden.

Anian Liebrand
Anian Liebrand
Geboren 1989 in Fribourg. Aufgewachsen in Beromünster LU. Nach Abschluss der kaufmännischen Berufsmatura diverse praxisnahe Weiterbildungen, u.a. im Marketing. Von 2014 bis 2016 Präsident der Jungen SVP Schweiz. Heute in verschiedenen Funktionen für unterschiedliche Parteien und Organisation tätig. 2020 Gründung der Politagentur.ch GmbH als deren Geschäftsführer.

Weitere Texte

Ähnliche Beiträge

Werbungspot_img

Neuste Beiträge

Mieter in linker Geiselhaft

Am 24. November haben an der Urne auch die beiden vom Hauseigentümerverband (HEV) angestossenen Mietrechts-Vorlagen Schiffbruch erlitten. Einerseits wollte man missbräuchlichen Untermieten einen Riegel schieben, anderseits klare Voraussetzungen für die Anmeldung von Eigenbedarf schaffen.

Der verdrängte Elefant im Raum

Die Vorlage für einen Ausbau wichtiger Nationalstrassen-Projekte wurde am 24. November von der Stimmbevölkerung bachab geschickt. Das Verdikt gibt in mehrfacher Hinsicht zu denken: Ist der staubedingte Leidensdruck für Herr und Frau Schweizer noch immer zu gering?

Social Media: Europaweite Zensurwelle im Anmarsch!

Mit dem «Digital Services Act» will die EU die sozialen Medien stärker regulieren – auch die Schweiz will mitziehen. Es droht eine riesige Zensurwelle, welche die Meinungsäusserungsfreiheit erschüttert.

Schlagwörter

Newsletter abonnieren