Zuwanderung begrenzen: Jetzt oder nie!

Einwanderungspolitik

Die SVP hat Recht, wenn sie in ihrem neuen Positionspapier feststellt: «Es kommen zu viele und die falschen Ausländer». Doch nicht nur die Asylpolitik muss neu ausgerichtet werden. Wenn es unser Ziel ist, die Zehn-Millionen-Schweiz mit all ihren negativen Folgen noch abzuwenden, führt kein Weg mehr an einem radikalen Systemwechsel in der Einwanderungspolitik vorbei.

«BRISANT»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen auf «schweizerzeit.ch» am 3. Februar 2023

Wenn ich von einer «radikalen» Lösung schreibe, meine ich selbstverständlich nicht, das Seelenheil im Extremen zu suchen. Radikal wird leider vielfach mit Extremismus gleichgesetzt – was völlig falsch ist. «Radikal» in seiner ursprünglichen Wortbedeutung meint viel eher, einen Missstand von Grund auf, von der Wurzel her anzugehen – und zu beheben. Und was wir als Missstand ausmachen, ist offenkundig: 2022 betrug die Nettozuwanderung in die Schweiz zweihunderttausend Personen. Die Grenze zu neun Millionen Einwohnern wurde geknackt – viel früher, als man dies je für möglich gehalten hat.

Schicksalsfrage

Mir und zahlreichen Mitstreitern bereitet die ungesunde, jedes vernünftige Mass sprengende Masseneinwanderung starke Bauchschmerzen. Jetzt, anfangs Februar 2023, stehen wir vor der Schicksalsfrage: Schauen wir weiter tatenlos zu, wie das ganze Land zubetoniert wird und wie es seinen Charakter und seine Identität zunehmend verliert? Wenn wir es nicht länger mit uns vereinbaren können, nichts zu tun, ist JETZT die wohl letzte Gelegenheit, das Ruder nochmals herumzureissen.

Die skandalöse Nichtumsetzung der vom Volk angenommenen Masseneinwanderungs-Initiative hat uns ein für alle Mal bewiesen: Ohne endgültig mit der – in ganz Europa gescheiterten – Personenfreizügigkeit zu brechen, wird eine eigenständige Steuerung der Zuwanderung – sprich: drastische Drosselung – in Bundesbern nie zu erreichen sein. Die Zeit der «Pflästerlipolitik» ist vorbei. Wir kommen also nicht darum herum, die offene Konfrontation mit den Bilateralen und der EU zu führen. Einfach wird das nicht werden, die panische Angstmache vor wirtschaftlichen Nachteilen liegt uns aus früheren Abstimmungskämpfen noch immer in den Ohren.

Schluss mit der Personenfreizügigkeit

Mehrfach ist es der politischen Klasse bisher gelungen, den Souverän durch das Ausspielen der «Wirtschaftskarte» zu erpressen. Doch statt mit der Lösung des Fachkräftemangels wurde das Volk mit unkontrollierter Masseneinwanderung «belohnt». Und damit einhergehend mit verstopften Zügen, immer mehr Verkehrsstau, Zubetonierung der Landschaften, horrenden Miet- und Eigenheimpreisen und weniger Lebensqualität. Wir brauchen mittlerweile immer mehr Zuwanderung, um die Zugewanderten zu versorgen – ein Teufelskreis, den wir nur durchbrechen können, wenn das Narrativ der heilsbringenden Personenfreizügigkeit endlich begraben wird.

Von der Diskussion über «gute oder schlechte Ausländer» müssen wir uns loslösen. Die letzten Jahrzehnte haben schliesslich gezeigt, dass eben auch von der Wirtschaft angezogene Einwanderung schlicht zu viel und zu ungesund für die Schweiz ist. Dies ganz abgesehen von der Tatsache, dass unter den im Zuge der Personenfreizügigkeit Eingewanderten die Hochqualifizierten stark in der Minderheit waren. Die SVP hat all diese Fakten im Abstimmungskampf über die Begrenzungsinitiative hervorragend dokumentiert.

Zeit für Ecopop?

Wenn es nicht bald eine Trendwende gibt, könnte die Schweiz bereits im Jahre 2030 die Zehn-Millionen-Einwohner-Marke geknackt haben. Was können wir also tun? Mir schwebt vor, in der Verfassung einen «Hebel» zu verankern, der die erlaubte Zuwanderung auf natürliche Weise beschränkt – und ein weiteres Bevölkerungswachstum systemisch stark begrenzt. Einen solchen Lösungsansatz gab es schon einmal. Die sog. Ecopop-Initiative forderte in Absatz 2 des Initiativtextes: «Die ständige Wohnbevölkerung in der Schweiz darf infolge Zuwanderung im dreijährigen Durchschnitt nicht um mehr als 0,2 Prozent pro Jahr wachsen.»

Im November 2014 ist die Initiative an der Urne klar gescheitert – vermutlich vor allem deswegen, weil der zweite Aspekt der Initiative bestimmte Aktivitäten in der Entwicklungshilfe festschreiben wollte. Zu diesem Zeitpunkt legten wir noch grosse Hoffnungen darin, dass die Masseneinwanderungsinitiative gemäss dem Volkswillen umgesetzt wird. Da schien die Ecopop-Initiative vielen Strategen ungelegen zu kommen – das Volk hatte ja bereits gesprochen.

Nun, bald neun Jahre später und achthunderttausend Einwohner mehr, sieht die Lage ganz anders aus. Trotz Volks-Ja zu eigenständiger Steuerung der Zuwanderung hat sich nichts geändert. Heute scheinen die Erfolgschancen für eine griffige Lösung à la Ecopop wesentlich besser. Und selbst wenn sich eine solche Initiative erneut nicht durchsetzen sollte – was für eine Alternative haben wir denn? Wir sind es der Schweiz doch schuldig, es noch einmal zu versuchen, die Masseneinwanderung zu begrenzen – vermutlich ist es die letzte Chance, bevor die Zehn-Millionen-Schweiz Realität sein wird.

Anian Liebrand
Anian Liebrand
Geboren 1989 in Fribourg. Aufgewachsen in Beromünster LU. Nach Abschluss der kaufmännischen Berufsmatura diverse praxisnahe Weiterbildungen, u.a. im Marketing. Von 2014 bis 2016 Präsident der Jungen SVP Schweiz. Heute in verschiedenen Funktionen für unterschiedliche Parteien und Organisation tätig. 2020 Gründung der Politagentur.ch GmbH als deren Geschäftsführer.

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