Wir alle kennen die Gespräche aus unserem Umfeld, wenn es um die Übernahme von politischer Verantwortung geht. Man hört immer wieder die gleichen Ausreden, warum an und für sich gut eingestellte Leute nicht zur Wahl gehen. Oder warum sie sich keine Zeit für ein politisches Amt freischaufeln können oder wollen.
«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 1. September 2023
Zumeist sind es Familienväter und -mütter, aber auch stark engagierte Unternehmer, die abwinken, wenn man sie dazu motivieren will, sich politisch zu engagieren. Zu vollgestopft sind die Tage, zu gross die angehäuften «Maulwurfshügel», die man tagtäglich vor sich herzuschieben hat. Wer will es ihnen verübeln, dass sie die seltenen freien Stunden lieber zum Abschalten im Kreise ihrer Liebsten nutzen möchten, statt sich auf dem Polit-Parkett zu zermürben?
Nein, verübeln kann man es ihnen nicht. Man kann ihnen aber ruhig mal unter die Nase reiben, wer stattdessen tatendurstig zur Wahl schreitet und jene politischen Lücken schliesst, die sie offenlassen. Auch kann man ihnen immer mal wieder sagen, dass sie mit ihrer Passivität nicht unschuldig daran sind, wenn sie sich das nächste Mal darüber beschweren, wie «alles bachab» geht. Nachstehend zwei Vergleiche, die Betroffene zum Nachdenken anregen sollten.
Unternehmer Müller, Inhaber eines KMU mit zwanzig Mitarbeitern, hat der SVP abgesagt. Obwohl er mit seinem unternehmerischen Denken, seinem Macher-Typus und seiner Bekanntheit ideal für den Kantonsrat geeignet wäre, findet er, dieses Amt liege ihm zeitlich nicht drin – obwohl er jeden Tag über den aufgeblähten Staatsapparat wettert. Nicola S., von der Allgemeinheit finanzierter Vollzeitstudent der «Gender Studies», hingegen zögert keine Sekunde, sich für die Jungsozialisten zur Wahl aufzustellen. Er fordert die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens und die Verstaatlichung von Unternehmen.
Familie Meier lebt die traditionellen christlichen Werte. Während die Mutter zuhause für die vier Kinder da ist, geht der Vater in leitender Stelle arbeiten. Für ein politisches Amt will er sich nicht exponieren und beobachtet mit Sorge, wie der Zeitgeist die von ihm vertretenen Werte immer mehr an den Rand drängt. Trans-Aktivist Mona (geborener Hans, seit acht Monaten fühlt er sich als Frau) hingegen kandidiert für die Grünen. «Es» kämpft dafür, dass jeder sein Geschlecht frei nach Gefühl wählen kann und vom Staat dafür gefördert wird.
Nicht Nicola und Mona kann ein Vorwurf gemacht werden, sondern den Meiers und Müllers, weil sie ihnen nichts entgegensetzen!