Unter dem Vorwand, Internetkonzerne für «gesetzeswidrige Inhalte und Falschinformationen» verantwortlich zu machen, forderte der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult ein sogenanntes «Fake News-Gesetz» (Parlamentarische Initiative 21.532). Dieser Vorstoss ist ein brandgefährlicher Angriff auf die freie Schweiz, der ein fragwürdiges Demokratieverständnis dieses linken Anliegens offenbart. Wir brauchen kein staatliches Wahrheitsministerium, welches das Internet zensiert und in anmassender Weise darüber entscheidet, was wahr ist und was nicht.
«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 10. Februar 2023
Ein Sprecher der Piratenpartei brachte die ganze Absurdität dieses Vorstosses treffend auf den Punkt: «Die Parlamentsdienste sind ja auch nicht dafür verantwortlich, wenn im Ratssaal mal wieder ein Politiker Chabis erzählt.» Nur schon die Vorstellung, dass in der Schweiz eine staatliche Stelle geschaffen wird, die frei geäusserte Meinungen in «Fake News» und Wahrheit unterteilen soll, ist einer freien Gesellschaft unwürdig. Und wenn private Plattformen auf dieser Basis dazu genötigt werden, über Recht und Unrecht zu urteilen, ist dies eine unzulässige Nötigung, die zwangsläufig dazu führt, dass im grossen Stil unbequeme, vom Mainstream abweichende Meinungsäusserungen unterdrückt werden. Eine Gesellschaft ist noch nie an zu viel Meinungsfreiheit zugrunde gegangen – sondern stets am Gegenteil.
Das Ansinnen von Jon Pult kommt mit hehren Absichten daher, ist aber brandgefährlich. Wenn der Staat regulierend in die Freiheit der Informationsbeschaffung eingreift, ist das Zensur. Ein «Fake News-Gesetz» verstösst zudem gegen Artikel 16 und 17 der Schweizerischen Bundesverfassung und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Zensurgesetze, welche staatlich ausgerufene Wahrheiten vor «falschen Meinungen» schützen müssen, kennen ansonsten nur Staaten wie China, Iran oder Nordkorea.
Vorübergehend können wir nun aufatmen: Nachdem er über die SP hinaus offenbar auch in der Rechtskommission des Nationalrates keine Verbündeten gefunden hat, zog Jon Pult seinen Vorstoss zurück.
Die Gefahr ist aber nicht gebannt. Wie die Rechtskommission mitteilt, hat der Bundesrat das UVEK damit beauftragt, «ihm in einem Aussprachepapier aufzuzeigen, ob und wie Kommunikationsplattformen reguliert werden könnten.»