Missbrauch des Missbrauchs

Mitte September publizierte ein Autoren-Team der Uni Zürich eine «Pilotstudie» zu sexuellen Missbräuchen im Umfeld der katholischen Kirche. Diese wirbelte gehörig Staub auf – und liess alte Ressentiments und Vorurteile neu aufflackern.

«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 6. Oktober 2023

Der Medien-Mainstream wollte das Hauptproblem – «das System Kirche» – schnell verortet haben, und auch der Volksmund schien sein Urteil rasch gefällt zu haben: «Wieder ‹diese Pfaffen›, die sich an Buben vergreifen und damit auch noch durchkommen!»

Wie so häufig brauchte es ein paar Tage, bis wir die Hintergründe richtig einordnen konnten, um den verunsicherten Gläubigen aufzuzeigen, welches Spiel hier tatsächlich gespielt wird. In der «Weltwoche» vom 27. September 2023 hat Christoph Mörgeli die sogenannte Pilotstudie akribisch unter die Lupe genommen. Der Studie, in der von 1’002 Missbrauchsfällen die Rede ist, welche sich in den letzten siebzig Jahren im kirchlichen Umfeld ereignet hätten, stellt Mörgeli ein desaströses Zeugnis aus: «Ein Nachweis, geschweige denn eine Auflistung der Fälle finden sich im Bericht nirgends. Die Historikerinnen haben unbelastet von juristischen Kriterien entschieden, was ‹Missbrauchsfälle› sind.»

Über das Verhältnis von justiziablen und nicht justiziablen Fällen schweigt sich die Studie aus. Niklaus Herzog bemängelt auf «swiss-cath.ch» zu Recht, dass die 1’002 Fälle nicht nach ihrem Schweregrad aufgeschlüsselt werden. Der begründete Verdacht, man habe so lange gesucht, bis die öffentlichkeitswirksame, magische Zahl von 1’000 erreicht war, lässt sich nicht von der Hand weisen.

Eines möchte ich klarstellen: Selbstverständlich gehören alle sexuellen Missbräuche – sowohl in der Kirche als auch sonst überall – schonungslos aufgeklärt. Täter und Vertuscher müssen mit der ganzen Härte des Rechtsstaates zur Rechenschaft gezogen werden. Man soll aber so fair sein und die Relationen korrekt darstellen. Die skandalisierten 1’002 «kirchlichen Missbrauchsfälle» (bei denen nicht transparent gemacht wird, was tatsächlich als «Missbrauch» gewertet wird) entsprechen bei einem untersuchten Zeitraum von siebzig Jahren rund 14 Fällen pro Jahr.

Ein Blick in die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt, dass Vergehen gegen die sexuelle Integrität leider eine gesamtgesellschaftliche Tragik sind, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in Vereinen oder in der Verwandtschaft um ein x-Faches häufiger ereignen als im Umfeld von Priestern, die zum allergrössten Teil absolut saubere, aufrichtige Diener Gottes sind und gerade jetzt unsere Solidarität verdienen.

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Anian Liebrand
Anian Liebrand
Geboren 1989 in Fribourg. Aufgewachsen in Beromünster LU. Nach Abschluss der kaufmännischen Berufsmatura diverse praxisnahe Weiterbildungen, u.a. im Marketing. Von 2014 bis 2016 Präsident der Jungen SVP Schweiz. Heute in verschiedenen Funktionen für unterschiedliche Parteien und Organisation tätig. 2020 Gründung der Politagentur.ch GmbH als deren Geschäftsführer.

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