Gefährliche «Corona-Extremisten»?

Fragwürdige Prioritäten des NDB

Der aktuelle Lagebericht «Sicherheit Schweiz 2022», jährlich herausgegeben vom Nachrichtendienst des Bundes (NDB), wartet mit einer neuen Wortschöpfung auf: Der NDB misst dem «Corona-Extremismus» neuerdings ein ähnliches Bedrohungspotenzial bei wie dem Extremismus von Links und von Rechts. Soll damit eine ganze Bewegung «kriminalisiert» werden – oder drohen seitens Corona-Massnahmenkritikern tatsächlich umstürzlerische Bestrebungen?

«BRISANT»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen auf «schweizerzeit.ch» am 18. November 2022

Um die Antwort vorwegzunehmen: Dies glaube ich nicht. Klar gibt es auch in der seit 2020 entstandenen «Skeptiker-Szene» die einen oder anderen Wirrköpfe. Klar gibt es solche, bei welchen Wut und Ohnmachtsgefühl in bleibenden, irrational gewordenen Hass gemündet haben. Und leider haben durch Coronakritik Politisierte vereinzelt auch Gewalt angewendet.

Rückzug in die eigenen Blasen

Eine Gefahr für unsere Zeit besteht tatsächlich darin, dass sich Personengruppen vermehrt in ihre geschlossenen «Bubbles» (Meinungsblasen) zurückziehen, man fast nur noch unter seinesgleichen verkehrt und sich dann gegenseitig bestätigt und hochschaukelt. Das kann Radikalisierung und Gewaltbereitschaft gegen Andersdenkende befeuern, betrifft aber längst nicht nur massnahmenkritische Bewegungen. Gerade die linksintellektuelle Schickeria und die klimapolitischen Weltuntergangs-Phantasten sollten sich diesbezüglich selbst an der Nase nehmen.

Linke Meinungsmacher brüsten sich gerne mit radikalen Phrasen à la «mit Rechten diskutiert man nicht» und ernten bei der eigenen Klientel dafür Applaus. Dass solche «Cancel Culture» in der Medienlandschaft nicht stärker verurteilt wird, beweist nur, dass bekanntlich auch viele Journalisten zur radikalisierungs-gefährdeten Gruppe der Diskursverweigerer gehören.

Klima-Extremisten nicht erwähnt

Doch im Gegenzug zu den Coronakritikern zählt unser Nachrichtendienst den «Woke»-Fanatismus, anonyme Berufs-Denunzianten und Klima-Klebe-Extremisten nicht zur Kategorie des «monothematischen Extremismus». Auch wenn der Redaktionsschluss des aktuellen NDB-Lageberichts Ende Juni 2022 war: Es ist nur schwer nachvollziehbar, dass unser Nachrichtendienst die seit einigen Wochen die öffentliche Ordnung massiv störenden Klima-Extremisten rund um «Renovate Switzerland» offenbar nicht auf dem Schirm gehabt haben will.

Der NDB veröffentlichte in seinem Lagebericht 2022 zwar einen sogenannten «Lageradar», der verschiedene Gefahren in die Kategorien «Frühwarnung», «Hauptthemen» und «Brennpunkt» unterteilt. Es ist nicht gerade eine Sternstunde des NDB, dass er gemäss seiner Publikation nicht hat kommen sehen, dass «klimaaktivistische» Kreise zu koordinierten Blockade-Aktionen gegen den Strassenverkehr greifen werden.

Natürlich macht der NDB nicht alles öffentlich, was er weiss. Dass im aktuellen Lagebericht die Worte «Klima» und «Umwelt» aber kein einziges Mal erwähnt werden, ist schon speziell. Seien wir gespannt, ob der Klima-Extremismus im nächsten Jahresbericht ähnlich prominent hervorgehoben werden wird, wie heuer die «Corona-Extremisten».

Politisches Kalkül?

Aber was soll den «Corona-Extremismus» nun so gefährlich machen? Der NDB listet 35 coronaextremistische Ereignisse auf, die sich in der Schweiz im Jahr 2021 ereignet hätten. Davon waren 19 gewaltsam. Zum Vergleich: Im selben Jahr verzeichnete der NDB 202 linksextremistische Ereignisse, wovon 81 von gewaltsamem Charakter waren.

Man wird den Verdacht nicht los, dass bei der Kategorisierung «Corona-Extremismus» auch politisches Kalkül mitgespielt haben könnte. Zumindest müssen sich die NDB-Autoren mangelndes Fingerspitzengefühl vorwerfen lassen. Schreiben sie doch selber, dass das Phänomen stark davon abhänge, welche behördlichen Covid-19-Massnahmen verhängt werden.

Nun, da die Coronakritiker in immer mehr Themenfeldern Recht bekommen (Beispiel: Impfungen wurden nicht darauf getestet, ob sie vor Ansteckungen schützen), dürften fragwürdige Massnahmen wie das Covid-Zertifikat wohl für immer vom Tisch sein. Den Extremismus erst recht befeuern dürfte nun wohl vor allem, wenn sich unsere politischen Entscheidungsträger für ihre fatalen Fehlentscheidungen bei Corona nicht aufrichtig entschuldigen…

«Amt für Regierungsschutz»

In Deutschland ist das sogenannte Bundesamt für Verfassungsschutz als Inlandgeheimdienst längst zu einem «Regierungsschutz» mutiert – indem unliebsame neue Parteien und Gruppierungen wie die AfD behördlich zu Extremisten erklärt werden. Einen ähnlich politisierten Nachrichtendienst brauchen wir in der Schweiz nicht. Dadurch würde nämlich die Glaubwürdigkeit des NDB in vielen anderen Bereichen, in denen er einen guten Job macht, leider ebenso in Mitleidenschaft gezogen.

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Anian Liebrand
Anian Liebrand
Geboren 1989 in Fribourg. Aufgewachsen in Beromünster LU. Nach Abschluss der kaufmännischen Berufsmatura diverse praxisnahe Weiterbildungen, u.a. im Marketing. Von 2014 bis 2016 Präsident der Jungen SVP Schweiz. Heute in verschiedenen Funktionen für unterschiedliche Parteien und Organisation tätig. 2020 Gründung der Politagentur.ch GmbH als deren Geschäftsführer.

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