Mit düsterem politischem Umfeld konfrontiert, sehen wir «Schweizerzeit»- Autoren uns meist in der Pflicht, Fehlentwicklungen aufzuzeigen. Diesmal möchte ich aber über etwas Positives schreiben. Ganz in Anlehnung an Christoph Blocher, der in seinen Reden gerne auf die Botschaft des Malers Albert Anker verweist: «Siehe, die Erde ist nicht verdammt.»
«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 28. Mai 2021
Mit Freude ist nämlich zu beobachten, dass die Coronakrise tausende, wenn nicht zehntausende Menschen zur Hinterfragung politischer Zusammenhänge motiviert hat. Bürgerinnen und Bürger, die gemerkt haben, dass bei Corona «etwas nicht stimmt» und dies öffentlich äussern, haben einen Politisierungs-Prozess hinter sich, der sie mit grosser Wahrscheinlichkeit dazu bewegt, sich auch mit andern Themen auseinanderzusetzen. Heute Lockdown-Kritik, morgen der Kampf gegen das EU-Rahmenabkommen, welche unser ganzes Staatswesen in den Dauer-Lockdown schicken würde?
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass die neue Generation von Corona-Massnahmenkritikern auch in anderen Kampffeldern auf der Seite der Freiheit stehen werden. Darauf deuten die frischen und sympathischen Auftritte an den vielen Demonstrationen hin, die fast Woche für Woche an einem anderen Ort stattfinden – und jeweils tausende Menschen mobilisieren.
Auch wenn die Medien die neuen Bürgerbewegungen als «Corona-Leugner» diffamieren: Die mit Trychlern, Schweizerfahnen und in friedlicher Stimmung versammelten Aktivisten lassen sich – aller Stigmatisierungsversuche zum Trotz – nicht als randständige Wirrköpfe abstempeln. Hier vereinigt sich die berühmte «Mitte der Gesellschaft». Keine linken Weltverbesserer, sondern geerdete Bürger, die sich ernsthaft Sorgen um unsere Zukunft machen.
Viele von uns kennen aus ihrem Umfeld Teilnehmer von Corona-Demos, die sich zuvor noch nie politisch geäussert haben – und jetzt jede Woche auf die Strasse gehen. Aus Angst um die eigene Existenz und in der Überzeugung, dass die staatlichen Massnahmen keine Grundlage haben. Viele von ihnen sind zwar politische «Neulinge». Dafür bleiben sie aber erstaunlich standhaft. Durch keinen gesellschaftlichen Druck und keine Medienhetze lassen sie sich bis jetzt auseinander dividieren – an jeder Kundgebung werden laufend mehr Teilnehmer gezählt.
Hoffen wir, dass hier eine bodenständige, sachliche und friedliche Bewegung entsteht, die den Mächtigen auf die Finger schaut und die direkte Demokratie belebt. Nötig wär’s.