Obwohl sämtliche bürgerlichen Parteien (und die Grünliberalen) ein Ja empfohlen haben, haben zwei Drittel der Stimmbevölkerung und alle Kantone die jüngste BVG-Reform am 22. September bachab geschickt. Diese klare Abfuhr muss insbesondere den federführenden Kräften, welche die erfolglose Abstimmungskampagne zu verantworten haben, zu denken geben.
«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 27. September 2024
Im Lead war der Schweizerische Arbeitgeberverband, der eine grosse Kommunikationsfirma mit der Kampagnenführung beauftragte. Wie so oft in den letzten Jahren bestätigte sich erneut, dass die Wirtschaftsverbände den Riecher für das Volk komplett verloren haben. Nichts als oberflächliche Phrasen und fantasielose, blutleere Werbemittel – so gewinnt man im Jahr 2024 keinen Blumentopf mehr.
Nur wenige Dinge wiederholen sich in der Schweizer Politik zuverlässiger, als dass von grossen Wirtschaftsverbänden geführte Kampagnen regelmässig Schiffbruch erleiden. Im vergangenen Abstimmungskampf ist es zu keinem Zeitpunkt gelungen, den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern verständlich aufzuzeigen, welche konkreten Folgen die Reform für den Einzelnen gehabt hätte. Als ich den Stimmzettel ausgefüllt habe, habe auch ich trotz intensiver Suche nirgends so etwas wie einen Online-Rechner gefunden, der mir aufgezeigt hätte, wie sich die neue Reform finanziell auf mich persönlich ausgewirkt hätte.
Dabei weiss doch jeder auch nur halbwegs informierte Kommunikations-Laie, dass Transparenz – gerade, wenn es um das bedeutendste Körperteil von Herrn und Frau Schweizer, das Portemonnaie, geht – das oberste Gebot ist, um die Menschen für ein Anliegen zu gewinnen. Man hatte aber teils den Eindruck, dass genau diese Transparenz verschleiert werden sollte – wohl auch deshalb, weil vielleicht sehr viele finanziell wesentlich mehr geblutet hätten, als man zugeben wollte. Dass der Bürger – wenn er nicht mit nachvollziehbaren Argumenten von den Vorteilen einer Vorlage überzeugt wird – dann im Zweifel Nein stimmt, ist nicht weiter verwunderlich und nichts als legitim.
Für die langfristige Sicherung der Zweiten Säule ist es zwar bedauerlich, dass der Reformstau nach wie vor nicht behoben wurde. Ich verstehe aber gleichzeitig die vielen Stimmen von der SVP-Basis, die sinngemäss sagen: «Für alles habt Ihr in Bern Geld – aber ich soll jetzt bei meiner Altersvorsorge Einbussen in Kauf nehmen?» Solange dieser Vorbehalt von der Politik nicht überzeugend entkräftet wird, rücken mehrheitsfähige Lösungen für die Sozialwerke in weite Ferne.